Haushalt 2018

Haushaltsrede 11. 12. 17,
F. Battenberg

Sehr geehrte Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Nicht in allen hessischen Landkreisen ist es selbstverständlich, dass Haushaltssat-zung und Haushaltsplan noch im jeweiligen Vorjahr verabschiedet werden können. Dass dies im Landkreis Darmstadt-Dieburg voraussichtlich für das kommende Jahr wieder gelingen wird, ist nicht zuletzt das Verdienst einer effektiv arbeitenden Verwaltung unseres Kreises mit dem Landrat und den beiden Dezernenten an ihrer Spitze. Seit der Einbringung des Haushalts in der vorigen Kreistagssitzung sind knapp eineinhalb Monate vergangen, so dass genügend Zeit für die Abgeordneten des Kreistags bestand, sich damit zu beschäftigen. Ich denke, es ist ein positives Zeichen, dass unser Kreisparlament in diesem Zeitraum seiner Budgetverantwortung in hohem Maße nachgekommen ist und nicht bereit ist, die Vorlage des Kreisausschusses einfach abzunicken. Die große Anzahl von Änderungs- und Ergänzungsanträgen, die in den letzten Tagen noch eingegangen sind, ebenso wie die detaillierten Anfragen sind Belege dafür, dass die meisten Kreistagsfraktionen sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst sind. Die heutige Haushaltsdebatte wird die wichtigste des nun bald zu Ende gehenden Jahres sein, werde doch mit ihr die Weichen für die Kreispolitik des ganzen nächsten Jahres und auch darüber hinaus gestellt. Durch die bereits erfolgte Verabschiedung der Wirtschaftspläne der beiden Eigenbetriebe Kreiskliniken und Da-Di-Werk hat der Kreistag bereits zu erkennen gegeben, dass zwei wichtige Bausteine regionaler Politik, nämlich die Gesundheitspolitik und das Schulbauwesen, nicht aus der Gesamtbetrachtung der Haushaltspolitik des Landkreises ausgegliedert werden dürfen, sondern mit dem Gesamthaushalt eng verzahnt sind und so auch integraler Bestandteil der Kreispolitik bleiben müssen. Dies zu betonen erscheint mir deswegen so wichtig, weil der Kreis gerade in den beiden genannten Politikfeldern zugunsten der Bürgerinnen und Bürger kreisangehöriger Städte und Gemeinden Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt, die er ohne die Kreisumlage einschließlich der Schulumlage gar nicht stemmen könnte.
Ich freue mich darüber, dass der Haushaltsplan auch diesmal wieder mit einem aus-geglichenen Ergebnis rechnen kann, nachdem der alte Haushalt mit einem Über-schuss von rund 7, 5 Millionen Euro im ordentlichen Ergebnis wird abschließen können. Dies ist zu einem guten Teil der wirtschaftlichen Entwicklung zu verdanken, die bei gleichbleibendem Verlauf erneut zu einem Überschuss von nahezu siebeneinhalb Millionen Euro führen dürfte. Und dies alles, obwohl die Ausgaben in den einzelnen Produktbereichen zum Teil erheblich gestiegen sind. So musste aufgrund der Ergeb¬nisse des gegenwärtigen Haushalts die sozialen Leistungen im Produktbereich 05 um rund 10 Millionen heraufgesetzt werden, und auch der Ansatz zur Unterhaltung und zum Betrieb der kreiseigenen Schulen wird sich um knapp 7 Millionen ausweiten müssen, um die gestiegenen Aufgaben in den Griff zu bekommen.
Es zeigt aber auch, dass in der Kreisverwaltung insgesamt sparsam gewirtschaftet wurde, Einsparpotentiale ausgeschöpft und zusätzliche Aufgaben im Rahmen der verfügbaren Mittel erfolgreich bewältigt wurden. Auch darauf ist es zurückzuführen, dass der Hebesatz für die Kreis- und Schulumlage mit gleichbleibend 53, 46 % nicht verändert werden musste, obwohl die Kosten aus der Schulträgerschaft um nahezu 13 % erheblich gestiegen sind. Um die deshalb notwendig werdende Erhöhung der Schulumlage um nahezu einem Prozent auszugleichen, mussten durch Einsparun¬gen in der Jugendsozialarbeit und bei den Betreuungsangeboten an Schulen und in einer rechnerischen Absenkung der Kreisumlage die Hebesätze der allgemeinen Kreisumlage von 35, 87 % auf 35, 11 % reduziert werden. Schon dieses Beispiel zeigt, dass der Kreis mit dem bald ein Volumen von über 500 Millionen umfassenden Schulbau-Investitionsprogramm die kreisangehörigen Städte und Gemeinden nicht einfach nach Belieben stärker belastet, sondern dieses durch interne Einsparungen zu finanzieren versucht. Wer die erheblichen Probleme unseres Nachbarkreises Offenbach bei der Finanzierung seines Schulbausanierungsprogramms kennt, die durch das PPP-Modell (des Verfahrens der public private-partnership) offenbar nicht oder nur unter erheblichem Kostendruck zu stemmen sind, weiß hier erst die Darm¬stadt-Dieburger Schulpolitik richtig zu schätzen. Unser auf der Grundlage der vom Kreistag verabschiedeten Schulbauleitlinien erstellte und sukzessiv verfeinerte Schul¬bauprogramm, in dem keineswegs Luxusstandards umsetzt, sondern Kriterien päda¬gogisch sinnvoller Raumprogramme mit Prinzipien der Inklusion und der Ökologie verbindet, hat deshalb auch große Anerkennung im Landkreis gefunden.
Bedenklich erscheint uns, dass die momentan erfreuliche Situation Begehrlichkeiten weckt, die angesichts der in Hessen geltenden Schuldenbremse unangemessen sind. Lassen Sie mich aber einige Gedanken dazu äußern, die uns wichtig erschei¬nen: Immer wieder wurde in diesem Zusammenhang damit argumentiert, der Land¬kreis stehe nur deshalb so günstig da, weil er ungebührlicher Weise Einnahmen der Kreiskommunen abschöpfe, die diese dringend benötigen. In Stellungnahmen von kreisangehörigen Gemeinden wird damit argumentiert, dass die Abschlusszahlen der Kreishaushalte für die Jahre 2014 bis 2016 derart deutliche Überschüsse aufwiesen, dass damit Spielräume für eine Reduzierung der Kreisumlage entstanden seien. Der Kreis müsse auch die finanzielle Situation der zur Kasse gebetenen Städte und Ge¬meinden im Auge behalten.
Dazu möchte ich bemerken: Auch der Landkreis ist Teil der kommunalen Familie in der Region. Er verfügt nur zu einem geringen Teil über eigene Steuereinnahmen und ist deshalb zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben und weiterer Verpflichtungen auf weitere Finanzquellen im Sinne von Drittmitteln angewiesen. Soweit es staatliche Auftragsangelegenheiten sind, erhält er in erster Linie vom Land Erstattung, nach dem Konnexitätsprinzip tendenziell vollständig. Die kommunalen Aufgaben, die von den Städten und Gemeinden des Kreises nur deshalb nicht selbst erledigt werden können, weil sie in kreisweitem Interesse sind, und weil z.B. übergreifende Standards zu ihrer Erledigung sinnvoll erscheinen, müssen über die Kreis- und Schulumlage von den Gemeinden finanziert werden. Die Erledigung dieser Aufgaben kommen selbstverständlich den Kommunen direkt zugute, so dass der Kreis eigentlich ein Ge¬schäft zugunsten Dritter ausführt, wie man es juristisch nennen würde. Aber nur auf diese Weise kann Bildungs- und Chancengerechtigkeit im Hinblick auf die Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen im Kreis erreicht werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die Kommunen unseres Landkreises, soweit sie strukturelle Schwächen aufweisen und sparsam gewirtschaf¬tet haben, zum Ausgleich aus dem Investitionsprogramm der Hessenkasse einen Betrag von insgesamt knapp 40 Millionen Euro erhalten. Ich erinnere auch daran, dass die Gemeinde Modautal, die sich besonders über die hohe Kreisumlage beklagt, allein 2,26 Millionen Euro aus diesem Programm erhält. Ich möchte weiter daran erinnern, dass schon jetzt einige Kreiskommunen an zusätzlichen Förderprogrammen des Landes partizipieren, so für Konversionsflächen der Kernstadt Babenhausen, für den Denkmalschutz in Groß-Umstadt und für das Programm „Soziale Stadt“ Groß-Zimmern. Akzente können also durchaus gesetzt werden, ohne dass die Gemeinden deshalb am Hungertuch nagen müssen. Unter diesen Umständen die entstandenen Kreisüberschüsse unter den Gemeinden durch eine Senkung der Hebesätze zu ver¬teilen, erscheint nicht gerechtfertigt. Diese werden überdies dringend zum Abbau der Altschuldenlast des Landkreises benötigt.
Sinnvoller erscheint es, über Einsparvorschläge der Fraktionen des Kreistages nach¬zudenken. Insofern ist es generell zu begrüßen, dass die Opposition dazu einige erwägenswerte Vorschläge in Form von Anträgen eingebracht hat. Allerdings erweist sich bei näherer Analyse, dass eine Umsetzung Einsparungen erbringen würde, durch die Arbeitsweisen und Arbeitsprozesse erheblich behindert und das vorhandene Personal noch stärker belastet würde, als dies ohnehin schon der Fall ist. In der Debatte der Haupt- und Finanzausschusssitzung vor einer Woche ist dies bereits deutlich geworden.
Dies betriff zunächst den unter Nr. 15.11 der Tagesordnung aufgeführten Antrag der CDU-Fraktion auf Reduktion des Stellenplans um mindestens zehn Stellen. Wo diese Stellen eingespart werden können, wie eine Kritik und daraus folgende Umstrukturierung einzelner Aufgabenbereiche in der Kreisverwaltung erfolgen soll, ist mir ein Rätsel. Durch den KGSt-Prozess der letzten Jahre, der eine sachgemäßere Zuordnung der Zuständigkeiten und zugleich eine Neustrukturierung der Abteilungen ebenso wie eine präzisere Definition der einzelnen Produktbereiche erbracht hatte, ist das, was die CDU nun einfordert, bereits geschehen. Solange die CDU nicht in der Lage ist, genau zu beziffern, welche Planstellen wegfallen könnten, ist eine weitere Diskussion über diesen Vorschlag sinnlos. Ich denke, auch die detaillierte Beantwortung ihrer Anfrage (Vorlage Nr. 1204) mit einer Auflistung des notwendigen, in vielen Fällen durch Bundes- oder Landesmittel oder auch das gestiegene Gebührenaufkommen gegenfinanzierten Stellenaufwuchses hat gezeigt, dass Einsparpotentiale hier kaum vorhanden sind. Um ein Beispiel zu nennen: Über die notwendige Einstellung eines Kreisarchivars, der sein Amt inzwischen angetreten hatte, hatte ich bereits im vergangenen Jahr in meiner Haushaltsrede ausführlich Stellung bezogen.
Nicht viel anders sieht es bei dem unter TOP 15.12 aufgeführten Antrag der CDU-Fraktion auf Reduktion des Hebesatzes der Kreisumlage von 35,11 % auf 34,23 % aus, begründet mit dem Überschuss im Ergebnishaushalt von etwa siebeneinhalb Mill. Euro. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass die allgemeine Kreisum¬lage, also ohne die Schulumlage, um knapp ein Prozent reduziert wurde, um die erhöhten Ausgaben im Schulbereich abzudecken. Eine weitere Absenkung der Hebesätze würde die Schmerzgrenze, die der Landkreis zu tragen bereit ist, überschreiten – außerdem dazu führen, dass das Ziel eines Abbaus der Altschulden ausgesetzt werden müsste. Wir lehnen deshalb diesen Antrag der CDU-Fraktion ab.
Was den unter TOP 15.14 aufgelisteten Antrag auf Reduktion der für die Medizini-sche Versorgung vorgesehenen Mittel in Höhe einer knappen Viertelmillion betrifft, so gilt hier Ähnliches: Nach der Antragsbegründung will die CDU damit das von der Fir¬ma OptiMedis AG im Auftrag des Kreises erstellte Versorgungskonzept verhindern. Ich möchte hier nur auf den von der Koalition eingebrachten Änderungsantrag nach der Vorlage Nr. 1243 hinweisen, mit dem die Einführung des OptiMedis-Vorschlags zunächst auf die für das Haushaltsjahr 2018 vorgesehenen Realisierungsschritte begrenzt werden soll. Meine Fraktionskollegin Frau Streicher-Eickhoff wird im Rah¬men der Diskussion zu TOP 19 nähere Ausführungen dazu machen. Ich möchte aber jetzt schon betonen, dass der Plan noch keineswegs in Stein gemeißelt ist und viele Änderungen in der Umsetzung noch möglich werden. Die CDU-Fraktion hat in ihrem Antrag leider keine Alternativen angeboten, mit denen die Gesundheitsversorgung im Landkreis zukunftsfähig gemacht werden könnte. Ihr Vorschlag würde zu Einsparungen an der falschen Stelle führen.
Ein weiterer Antrag der CDU-Fraktion, aufgeführt unter TOP 15.16, schlägt eine Deckelung der Öffentlichkeitsarbeit auf insgesamt 150.000,- € vor. Man kann sehr wohl darüber streiten, ob die öffentlichkeitswirksame Darstellung des Kreises in Printmedien und Onlinepräsentationen Ansehen und Bekanntheitsgrad des Kreises in geeigneter Weise erhöhen. Nicht in Frage stellen aber sollte man die vielen ge¬druckten Leitfäden und Orientierungshilfen, die den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises angeboten werden. Durch Familienwegweiser und Publikationen des Interkulturellen Büros etwa werden Hartz-IV-Empfängern ebenso wie ausländischen Mitbürgern Hilfsmittel an die Hand gegeben, durch die größere Sicherheit für Ver¬fahren und Zuständigkeiten erzielt werden. Hier Einsparungen vorzunehmen, würde bedeuten, dass der Verwaltungsaufwand an anderer Stelle erhöht werden müsste. Der Etat zur Öffentlichkeitsarbeit darf deshalb nicht eingefroren werden, sondern muss flexibel an die jeweils anfallenden Bedürfnisse angepasst werden. Dass die so eingesparten Mittel über ca. 150.000,- € dann zugunsten des Straßenbaus verwen¬det werden sollen, erscheint uns ebenso bedenklich.
Einen eher gegenteiligen Ansatz, eben auf Erhöhung von Haushaltsansätzen, ver-folgen die Haushaltsanträge der Fraktion der Linken. Manche ihrer Anträge zu sozialen Problemen könnten durchaus in Erwägung gezogen werden. Dies betrifft etwa den Antrag zu TOP 15.1 zur Einführung eines Sozialtickets. Hier erscheint es uns durchaus sinnvoll, den Kreisausschuss mit der Prüfung zur Einführung eines Sozialtickets für Beziehende von Leistungen nach SGB II und SGB XII. Nur sollte man vor Abschluss der Prüfung über eine Realisierbarkeit keine konkreten Vorgaben machen, wie in den Punkten 2 und 3 des Antrags gefordert. Ich beantrage daher getrennte Abstimmung über die Punkte 1 einerseits, 2 und 3 andererseits.
Der Antrag zu TOP 15.2 über die Einführung eines Tariflohns mit Beitritt zur ZVK für die Kreiskrankenhäuser wurde in früheren Beschlüssen bereits negativ entschieden. Hier wurden sachgemäße Lösungen gefunden, von denen man vorerst nicht wieder abgehen sollte. Der Antrag zu TOP 15.3 über die Prüfung der Errichtung von bezahlbarem Wohnraum durch den Kreis muss als erledigt betrachtet werden, da dazu bereits in der vergangenen Legislaturperiode auf Initiative der Koalition eine großangelegte Initiative gestartet worden war, auch wenn diese bisher noch nicht zu einem greifbaren Ergebnis geführt hat. Dem Antrag zu TOP 15.4 über das Anliegen, den Senio-Verband in öffentlicher Hand zu belassen, kann deshalb nicht zugestimmt werden, weil wir bereits in einer früheren Sitzung beschlossen haben, alle Optionen einschließlich der Gründung einer Stiftung offen zu halten.
Auf die Ihnen vorliegenden Anträge der Koalition möchte ich nicht umfassend eingehen, da zu ihnen bereits Frau Sprössler Stellung bezogen hat. Der Antrag zum Messeler Hügelland wird zudem von meinem Fraktionskollegen Wolfgang Stühler noch im Einzelnen begründet werden. Einige Worte aber möchte ich noch zu den Anträgen auf Aktivierung der Außerbetrieblichen Ausbildung verlieren, den Anträgen zu TOP 15.9 und 15.9.1. Der letztgenannte ist der nun maßgebende Antrag, über den deshalb zuerst abgestimmt werden sollte.
Auch wenn in Antrag 15.9.1 der Werkhof Darmstadt aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nur als Beispielsfall genannt wird, geht es doch mangels gleichwertiger Alternativen nur um diesen allein. Der Werkhof ist ein gemeinnütziger Verein, der sich als anerkannter Träger der Jugendberufshilfe seit vielen Jahrzehnten für die Entwicklung von persönlichen und beruflichen Perspektiven Jugendlicher mit erschwertem Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt einsetzt. Bis zum vergangenen Jahr waren dort auch zwei Jugendliche aus dem Landkreis in Ausbildung, die beide schließlich als Industriemechaniker ihren Facharbeiterbrief erlangen und eine feste Arbeitsstelle erhalten konnten. Nach Erhebungen der Industrie- und Handelskammer gibt in unserer Region gerade in diesem Bereich eine große Anzahl offener Stellen, so dass Anstrengungen des Werkhofs zur Auffüllung dieser Lücke auch marktpolitisch dringend geboten sind.
Leider hat der Landkreis die Bezuschussung der beiden Ausbildungsstellen zur Einsparung von Haushaltsmitteln eingestellt. Es ist Zeit, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen und sich im Landkreis nachhaltig und auf Dauer im außerbetrieblichen Arbeitsmarkt dieser Art zu engagieren.
Ziel der dreieinhalbjährigen außerbetrieblichen, integrativen Ausbildung ist es, für lernbeeinträchtigte, lernbehinderte, sozial benachteiligte und Jugendliche mit Behinderungen die Chance zu bieten, eine Erstausbildung in dem staatlich anerkannten Beruf eines Industriemechanikers zu absolvieren. Auf dem Arbeitsmarkt finden diejenigen, die diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, eine extrem hohe – nämlich mindestens achtzigprozentige – Chance einer Festanstellung; sie müssen also in der Regel nicht in eine weitere Warteschleife im Dschungel der Maßnahmen zur Berufsvorbereitung einsteigen. Der Werkhof im westlichen Darmstädter Stadtrand ist zudem eine sinnvolle Ergänzung zu der vom Landkreis initiierten Produktionsschule. Auch bedient er im Gegensatz zu dieser eher den Westkreis. Die Produktionsschule hingegen will die Teilnehmenden in die Lage versetzen, eine Ausbil¬dung, eine Arbeit oder einen weiteren schulischen Bildungsgang absolvieren zu können.
Noch auf etwas anderes möchte aufmerksam machen: Der Werkhof Darmstadt verfolgt neben seinen sozialen Anliegen in besonderem Maße ökologische Ansätze. Die Mitarbeitenden des Werkhofs handeln global und bauen an mehreren Standorten in Ländern der Dritten Welt mit Bildungsprojekten Infrastrukturen auf. So werden etwa spezielle Metall-Baumschutzzäune für Kulturlandschaften produziert. Prototypen dazu wurden in den Eberstädter Streuobstwiesen entwickelt, die von den hier weidenden Schafen nicht zerstört werden können.
Auch von daher gesehen, wenn man die soziale und ökologische Verantwortung des Werkhofs ins Blickfeld nimmt, macht es unbedingt Sinn, die Ausbildung von benach¬teiligten Jugendlichen dort zu fördern. Dass unser Antrag in seiner letzten Fassung auf eine Zuordnung zu einem konkreten Produktbereich verzichtet, soll dem zuständigen Dezernat genügend Spielräume eröffnen, mit oder ohne Ausschreibung die verfügbaren kommunalen oder auch Bundes-bzw. Landesmittel sachgerecht und zielführend einzusetzen. Sofern sich der für den September 2018 geplante Einstieg bewährt, muss für die folgenden Haushalte über eine dauerhafte Verankerung des Projekts und eine entsprechende Verwendung der Fördermittel nachgedacht werden. Wenn wir hier rechtzeitig für benachteiligte Jugendliche investieren, ersparen wir uns später die mit Sicherheit anfallenden höheren sozialen Kosten.
Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmt deshalb dem Haushalt für 2017, ergänzt durch die Anträge der Koalition sowie Vorlage 1164 Punkt 1 der Linken, zu.