Unterbringung und Betreuung von längerfristig Obdachlosen

KT Sitzung, 23.04.2018, Christian Grunwald

 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

werte Kolleginnen und Kollegen,

Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist häufig nur in der kalten Jahreszeit ein Thema in Öffentlichkeit und Medien.

Der gemeinsame Antrag der Koalitionsfraktionen ist begründet durch alarmierende Zahlen von Wohnungslosen und kritischen Prognosen, bundesweit und auch für unseren Landkreis Darmstadt-Dieburg, um die wir als Kommunalpolitiker vor Ort alle wissen und nicht die Augen verschließen können. Ich will das belegen:

Die Akteure der Wohnungslosenhilfe prognostizieren einen erneuten, weiteren bundesweiten Anstieg der Wohnungslosen von 860.000 Menschen 2017 auf bis zu 1,2 Millionen Menschen bis zum Ende diesen Jahres (Beleg bspw. http://www.bagw.de/de/presse/index~147.html ).

Um die Problematik, kommunal in den 23 Landkreiskommunen zu beantworten, bedarf es eines Konzeptes mit einem differenzierten Blick auf die Problemlagen der sehr heterogenen Gruppe der Betroffenen sowie auf die individuellen und gesellschaftlichen Ursachen dieser Entwicklung.

Feststellen lässt sich, dass der sprunghafte Anstieg der Wohnungslosen seit 2014 unter anderem daher resultiert, dass anerkannte Flüchtlinge als zusätzliche Gruppe Wohnungsloser eingestuft werden. Sie werden in der Regel in den Gemeinschaftsunterkünften geduldet. Sie sind also nicht der Straßenobdachlosigkeit zuzuordnen. Wobei die Straßenobdachlosigkeit im gleichen Zeitraum ebenfalls zugenommen hat und sich vor allem in den Großstädten konzentriert.

Wohnungslose Flüchtlinge sind sowohl Nachfragende in den Behelfsunterkünften als auch auf dem Wohnungsmarkt. Somit hat die Zuwanderung die Gesamtsituation dramatisch verschärft, aber sie ist keinesfalls alleinige Ursache der neuen Wohnungsnot. Dies erklärt auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. „Wesentliche Ursachen für Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit liegen in einer seit Jahrzehnten verfehlten Wohnungspolitik in Deutschland, in Verbindung mit der unzureichenden Armutsbekämpfung“. Dass immer mehr Menschen wohnungslos seien, „liege am unzureichenden Angebot an bezahlbarem Wohnraum und Sozialwohnungen.“ Dieses Problem haben wir bereits versucht mit der Ausgründung einer Kreis-Bau-GmbH zu beantworten, leider – bis dato – ohne Erfolg, da die Kreiskommunen als Partner noch fehlen. Aber:

Unser Antrag stellt klar, dass wir als Landkreis in enger Abstimmung mit den Kommunen nicht die lähmende Debatte von Zuständigkeiten führen möchten. Im Gegenteil: Wir wollen keine weitere Zeit verlieren. Der Landkreis soll die Verantwortung für Fälle längerfristiger Obdachlosigkeit übernehmen.

Wir geben mit diesem Antrag einen klaren und starken Handlungsauftrag: Der Landkreis wird die zentrale und fachlich, verantwortlich koordinierende Stelle im Verbund und im Solidarauftrag für alle Kommunen. Das Fachdezernat muss hierfür ein Konzept erstellen. Die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen sind zur Verfügung zu stellen.

In der gesamtkonzeptionellen Umsetzung sind uns folgende Qualitätskriterien wichtig:

1.) ein Schwerpunkt auf der psychosozialen Beratung und Betreuung,

2.) eine Aufgabenausschreibung an Träger der Wohnungslosenhilfe und

3.) einen Einsatz der Instrumentarien zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

 

Ich bitte um Ihre Zustimmung.